Offener Brief anlässlich der Solo-Tour von Till Lindemann

31. Oktober 2023

Als Aktivist:innen der Gruppe „Kein Rammstein in Berlin“ fordern wir hiermit die Absage der Konzerte der Solo-Tour von Till Lindemann! 

Die Solo-Tour von Till Lindemann findet vom 8. November bis zum 20. Dezember 2023 unter anderem in den deutschen Städten Leipzig, Düsseldorf, Münster, Bamberg, Lingen, Frankfurt am Main, Kassel, Trier, Hamburg, Stuttgart und München statt. Seit der Veröffentlichung von Vorwürfen gegen den Sänger der Band „Rammstein“ Till Lindemann durch Shelby Lynn sind bereits einige Monate vergangen.  Zahlreiche weitere mutmaßlich betroffene Personen haben sich bei Medienvertreter:innen und anderen Stellen gemeldet und sagen aus, dass sie entweder im Vorhinein oder während der Konzerte von Crewmitgliedern zu Aftershowpartys eingeladen worden bzw. systematisch rekrutiert worden sind. 

Es wird deutlich, dass das perfide System der Rekrutierung nach vermeintlichen Sexpartner:innen für Lindemann seit über 20 Jahren besteht. Aufgrund dieser langjährigen, systematischen Ausmaße an Machtmissbrauch fordern wir konkret die Absage der Konzerte von Till Lindemann. Die Vorwürfe wurden noch nicht ausreichend aufgeklärt. Die Möglichkeit, dass das Rekrutierungs- und Missbrauchssystem fortgeführt wird, besteht. Diese Konzerte sind keine sicheren Orte und müssen daher unterbunden werden. Wir richten uns vor allem an die jeweilligen Tourveranstaltenden, die handwerker promotion e. gmbh und deren Geschäftsführer Fred Handwerker. Zusätzlich richtet sich unsere Forderung auch an die Eigentümer:innen der Veranstaltungsorte in Deutschland: 

  • für das Konzert in Leipzig am 08.11.23 an die Stadt Leipzig als Eigentümerin der Quarterback Immobilien Arena, die ZSL Betreibergesellschaft mbH als Betreiberin, den Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und die Landesregierung des Freistaat Sachsen aus CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen
  • für das Konzert in Düsseldorf am 10.11.23 die Stadt Düsseldorf als Eigentümerin der Mitsubishi Electric Halle, D.LIVE GmbH & Co KG als Betreiber, den Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und die nordrhein-westfälische Landesregierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Münster am 12.11.23 an die Stadt Münster als Eigentümerin der MCC Halle Münsterland, die MCC Halle Münsterland GmbH & Co. KG als Betreiberin, den Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) und die nordrhein-westfälische Landesregierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Bamberg am 14.11.23 an die Stadt Bamberg als Eigentümerin der Brose Arena, die BAB Bamberg Arena Betriebsgesellschaft mbH als Betreiberin, den Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und die Bayrische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern 
  • für das Konzert in Lingen am 15.11.23 die Stadt Lingen als Eigentümerin der Emslandarena, die Stadt Lingen als Betreiberin , den Bürgermeister Stefan Hescamp (CDU) und der Niedersächsischen Landesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Frankfurt am Main am 17.11.23 an die DEAG als Eigentümerin und Betreiberin der myticket Jahrhunderthalle Frankfurt, den Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) und der Hessischen Landesregierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Kassel am 18.11.23 an Paul Sinizin den Eigentümer der Eissporthalle Kassel, die Candeu Arena Management GmbH als Betreiber, den Oberbürgermeister Sven Scholler (Bündnis 90/Die Grünen) und der Hessischen Landesregierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Trier am 20.11.23 an die Stadt Tier als Eigentümerin der Arena mit einem Anteil von 70 % und die SWT Stadtwerke Tier GmbH als Betreiberin, den Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) und der rheinland-pfälzischen Landesregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
  • für das Konzert in Hamburg am 08.12.23  an das Bezirksamt Hamburg-Nord als Eigentümerin der Sporthalle Hamburg, an das Bezirksamt Hamburg-Nord dass als Beitreiberin fungiert, den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und den Hamburger Senat aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen 
  • für das Konzert in Stuttgart am 16.12.23 an die Objektgesellschaft Schleyer-Halle und Neue Arena GmbH und CO. KG als Eigentümer der Porsche Arena und die in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft GmbH als Betreiberin, den Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper (CDU) und die Baden-Würtembergische Landesregierung aus Bündnis 90/Die Grünen und CDU
  • für das Konzert in München am 18.12.23 die Freimann Besitz GmbH & Co. KG als Eigentümer, die MOTORWORLD Consulting GmbH & Co. KG als Betreiber, den Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und die Bayrische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern 

Dass eine Absage der Konzerte mit einem politischen Willen möglich ist, beweisen die Absagen der Konzerte des US-Amerikanischen Sängers und verurteilten Sexualstraftäters R. Kelly im Jahr 2019 in den Städten Sindelfingen, Neu-Ulm und Hamburg. Wir fordern die Entscheidungsträger:innen in Politik und Veranstaltungsbranche auf, Verantwortung zu übernehmen und die Konzerte zu untersagen oder ggf. Mietverträge zu kündigen und damit dafür zu sorgen, dass Till Lindemann als mutmaßlichem Täter keine Bühne geboten wird. Rammsteins und Lindemanns Konzerte sind kein sicherer Ort für FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter-Personen, Nichtbinäre, Transgender Personen und Agender Personen). Wir sind schockiert darüber, dass unzählige Betroffenenberichte noch nicht zu einer Konzertabsage geführt haben!

Wir fordern, dass diese Form des Machtmissbrauches in unserer Gesellschaft nicht weiter geduldet und verteidigt wird! Zudem ist zu vermuten, dass das Rekrutierungssystem auch bei der Solo-Tour fortgesetzt wird und somit zu erwarten ist, dass es zu weiterem mutmaßlichem Machtmissbrauch kommen könnte. Einzig die Absage der Konzerte kann gewährleisten, dass diese Orte nicht zu weiteren Fällen von sexualisierter Gewalt führen!

Aus aktuellem Anlass zur Einstellung der strafrechtlichen Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen Till Lindemann und Alena Makeeva möchten wir darauf hinweisen, dass damit nicht deren Unschuld bewiesen ist. Das Strafverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden. Die Ermittlungen wurden eingestellt, da keine betroffene Person bereit war auszusagen und sich damit potenziell einer großen Welle an Hass und Klagen durch Rammstein-Fans und die juristische Vertretung Lindemanns auszusetzen. Leider ist es üblich, dass betroffene Personen sich nicht trauen, ihre Erlebnisse zur Anzeige zu bringen. Grund für diesen Missstand ist unter anderem oft, dass betroffenen Personen nicht geglaubt wird, leider oftmals auch von Ermittlungsbehörden, und die Anklage meist keine rechtlichen Konsequenzen mit sich führt. Für uns ist klar, dass wir betroffenen  Personen glauben! Die Einstellung beider Verfahren zeigt, wie unzureichend Fälle von Machtmissbrauch im deutschen Rechtssystem aufgearbeitet werden. 

Es ist Zeit zu handeln! Stellen Sie sich als  Eigentümer:innen der Eventlocations, als Veranstaltende, als Bürgermeister:innen und Ministerpräsident:innen mit an die Seite der betroffenen Personen und bieten Sie mutmaßlichen Tätern keine Bühne! 

Veröffentlicht von: Kein Rammstein in Berlin!

Erstunterzeichner:innen:

Ask Gerd_a

Björn Peng, Musiker

BoykottMagazin

Conne Island

Emilia Roig, Autorin und Politikwissenschaftlerin

femsoli Rostock

Femstreik Leipzig

Frauenzentrum Schokofabrik e.V.

Hengameh Yaghoobifarah, Schriftsteller_in und Journalist_in

Jacinta Nandi, Autorin

Jannik Rienhoff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Jany Tempel, Metoo-Aktivistin, Schauspielerin, Regisseurin

Josi Miller, Produzentin

Keine Bühne Bamberg

Keine Bühne für Täter Münster

#keinemehr

Keine Show für Täter Berlin

Keine Show für Täter Düsseldorf

Koschka Linkerhand, Autorin

Lila Sovia, Künstler:in

metooGermany

Modular, Künstlerin

Pinkstinks Germany

Pro Quote Bühne e.V.

Sookee, Musikerin und Autorin

The Sirens Collective, Künstlerinnen und Aktivistinnen

Vero Kracher, Referentin und Publizistin

zudem noch:

Anastasia Tikhomirova, Journalistin

Isabella A. Caldart, Kulturjournalistin 

Keine Show für Täter Hamburg

NetzwerkgegenFeminizide

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